Die Wahlprogramme der Parteien

Die Europawahl

Am 26. Mai finden in die Europawahlen statt. Aus Deutschland treten 41 Parteien an. Alle Bürgerinnen und Bürger, die ihren Wohnsitz seit mindestens drei Monaten in Deutschland haben und 18 Jahre alt sind, dürfen an dem Sonntag ihre Stimmzettel in die Wahlurne werfen.

Bei der Europawahl reicht schon ein geringer Stimmanteil aus, damit eine Partei ins Parlament einziehen darf. Die einzige Barriere: Erst bei einem Stimmanteil von 0,5 Prozent erhält eine Partei einen Sitz im Europaparlament. Die national gewählten Parteien schließen sich im Europäischen Parlament zusammen – so ergeben sich Gruppierungen mit konservativen, liberalen oder sozialdemokratischen Orientierungen. In der aktuellen Legislaturperiode gibt es zehn Europaparteien im Europaparlament.

Die derzeitigen Wahlprogramme der Parteien verfolgen gemeinsame, aber auch viele unterschiedliche Ziele. Zu den Themengebieten Bildung, Flüchtlingspolitik und Umwelt haben die Parteien unterschiedliche Ansätze. MAERKZETTEL hat euch einmal die Wahlprogramme der größeren deutschen Parteien zusammengestellt.

Das Wahlprogramm der CDU/CSU

Mit dem gemeinsamen Spitzenkandidaten Manfred Weber treten die Christlich Demokratische Union Deutschland und die Christlich – Soziale Union in Bayern erstmals mit einem gemeinsamen Wahlprogramm zur Europawahl an. Das Wahlprogramm mit dem Titel „Unser Europa macht stark. Für Sicherheit, Frieden und Wohlstand“ umfasst lediglich 21 Seiten und gilt als kürzestes Programm. Hauptziel der CDU/CSU ist es, die EU vor Nationalisten und Populisten zu schützen.

Im Rahmen des Programmpunktes Umweltschutz fordert die Partei eine europaweite Strategie zur Vermeidung von Plastik – Details zur Ausführung bietet das Programm nicht. Außerdem möchte die CDU/CSU den zukünftigen Generationen eine intakte Umwelt hinterlassen. „Unser Ziel ist weiterhin, Wirtschaftswachstum und Umweltschutz zu vereinen“, so der Wortlaut des Wahlprogrammes. Wie die CDU/CSU dies umsetzen möchten, darüber gibt das Wahlprogramm keine weiteren Informationen preis.

Auch in der Migrationspolitik weist das Wahlprogramm Lücken auf. Die Partei möchte die Leistungen für Asylsuchende auf ein Minimum begrenzen, um Fehlanreize zu vermeiden. An den europäischen Außengrenzen sollen sogenannte „Transitzentren“ errichtet werden – dort sollen die Flüchtlinge den zuständigen Ländern zugewiesen werden. Menschen ohne Asylberechtigung werden dort festgehalten. Darüber hinaus sollen in Nordafrika „regionale Aufnahmezentren“ errichtet werden. Ob diese Maßnahmen auch in Syrien umgesetzt werden sollen, wird im Wahlprogramm nicht erwähnt.

Da in den südlichen EU Länder eine hohe Jugendarbeitslosigkeit vorherrscht, möchte die CDU/CSU das deutsche Prinzip der dualen Ausbildung einführen.  Darüber hinaus soll das Austauschprogramm Erasmus+ weiter ausgebaut werden.

Das Wahlprogramm der SDP

Unter der Spitzenkandidatin Katarina Barley werden den Sozialdemokraten derzeit 15,5 Prozent prognostiziert. Mit dem Wahlprogramm „für ein vereintes und soziales Europa“ sieht die SPD den Zusammenhalt der Mitgliedsländer als Schlüssel für eine erfolgreiche Zukunft. 

Wie auch die CDU/CSU setzt die SPD im Rahmen des Umweltschutzes auf die Vermeidung von Plastik. Anders als die Kontrahenten, haben die Sozialdemokraten konkrete Vorschläge: Sie fokussieren ein Mehrwegsystem, das bestimmte Einwegplastikartikel verbietet und eine Kostenbeteiligung von den Herstellern fordert. Außerdem soll es Vorgaben geben, um die Produkte abfallvermeidender und recylingfreundlicher zu gestalten. Dabei verfolgt die Partei ein konkretes Ziel: Bis 2030 sollen die Plastikmüllerträge um 50 Prozent reduziert werden. Des Weiteren fordert die SPD den Ausstieg aus der Atomenergie. Im Vordergrund des Wahlprogrammes steht die Mobilität. Die Schienenwege sollen für den Personen - und Güterverkehr verbessert und ausgebaut werden.

In dem Themenbereich Migration möchte die SPD das Dublin-System mittels eines solidarischen Verteilungsschlüssels reformieren. Die Dublin-Verordnung besagt, dass die Flüchtlinge in dem Land einen Asylantrag stellen müssen, in dem sie den EU-Raum zum ersten Mal betreten haben. Besonders häufig geschieht das an den EU-Außengrenzen, etwa in Italien, Griechenland oder Ungarn. Durch den solidarischen Verteilungsschlüssel wird eine gerechte Verteilung auf die Mitgliedstaaten angestrebt. So sollen die Länder an den Außengrenzen entlastet werden und kein Land soll wirtschaftliche Einbußen durch die Flüchtlingspolitik davontragen. Des Weiteren sollen die Migrationswege nach Europa legalisiert werden, um für Migranten die Chancen auf ein Arbeitsvisum zu erhöhen. Die Sozialdemokraten möchten die innereuropäischen Grenzen schnellstmöglich abbauen und die EU-Seenotrettung ausbauen. Die privaten Hilfsorganisationen sollen dabei entkriminalisiert werden. Auf die europäische Grenz- und Küstenwache Frontex wird im Wahlprogramm der SPD nicht eingegangen.

Auch im Rahmen der Bildung strebt die SPD klare Ziele an. Das Wahlalter bei der Europawahl soll auf 16 Jahren heruntergesetzt werden. „Wir wollen jungen Menschen ein wichtiges Signal geben, um das Vertrauen in ihr Europa zu stärken. Dafür starten wir einen Europäischen Jugendplan: Es geht um die Jugendgarantie für berufliche Zukunftschancen. Dabei steht die Bekämpfung der viel zu hohen Jugendarbeitslosigkeit im Zentrum unserer Bemühungen.“  Um dies umzusetzen sind die Sozialdemokraten für ein finanziell ausgestattetes Sofortprogramm: Allen Menschen in der europäischen Union, die unter 25 Jahre alt sind, soll ein Ausbildungsplatz zur Verfügung gestellt werden. So sollen bessere berufliche Perspektiven geschaffen werden. Um den Studenten das Auslandsstudium zu vereinfachen, fordert die SPD einen einheitlicher Studienausweis. Darüber hinaus ist die Partei für die Abschaffung der Hochschulgebühren. Damit die getroffenen Maßnahmen bestmöglich überprüft werden, streben die Sozialdemokraten den sogenannten „Jugend-Check“ an.

Das Wahlprogramm der Grünen

Das Wahlprogramm der Grünen umfasst beinahe 200 Seiten: 32 Seiten davon sind mit Umweltthemen befüllt. Die Grünen haben darin eine klare Forderung an die EU: „Wir verlangen, dass Europa wieder mehr für den Klimaschutz tut.“ Bis in das Jahr 2050 sollen Europas Energien 100 Prozent erneuerbar sein. Mittelfristig setzen die Grünen den Ausstieg aus der Kohleindustrie für alle Länder als Ziel. Auch in Bezug auf die Infrastruktur fordern die Grünen mehr Nachhaltigkeit: „Zudem knüpfen wir ein europaweites Schienennetz und verlagern Güter von der Straße auf die Gleise.“ Damit dies auch nachts besser garantiert werden kann, fordern die Grünen den vermehrten Einsatz von Nachtzügen. Weiter heißt es im Wahlprogramm der Grünen: „Auch im Luftverkehr kommt es darauf an, faire Wettbewerbsbedingungen herzustellen. Internationale Flüge unterliegen keiner Mehrwertsteuer, und Kerosin wird nicht besteuert.“ Dies wollen die Grünen ändern. Die Minimierung des Plastikabfalles setzen sich viele Parteien zum Ziel: Die Grünen gehen dabei mit einer klaren Vorstellung vor. Glyphosat und Mikroplastik in Kosmetika, Körper – und Pflegeprodukten sollen verboten werden. Außerdem soll eine europäische Plastiksteuer und ein einheitliches Pfandsystem für Einweggetränkeflaschen eingeführt werden.

Bei dem Thema Migration verfolgen die Grünen ähnliche Ansätze wie die SPD. Die Reformation des Dublin Gesetzes, die Arbeitsmigration und die Entkriminalisierung der privaten Seenotrettung sind inhaltlich fast übereinstimmend mit dem Wahlprogramm der SPD. Außerdem soll die Kooperation mit der lybischen Küstenwache eingestellt werden: Die Migranten werden von der Küstenwache aus dem Meer gerettet und in lybische Camps zurückgebracht. Dort herrschen katastrophale Zustände – die Menschen werden misshandelt, gefoltert und vergewaltigt.

Im Themenfeld Bildung streben die Grünen den Ausbau von Erasmus an und möchten, wie auch die SPD, das Wahlalter bei den Europawahlen auf 16 Jahren heruntersetzen. Darüber hinaus strebt die Partei die Einführung eines Europäischen Jugendparlamentes an, welches das EU-Parlament berät: So sollen die jungen Menschen besser gehört werden.

Das Wahlprogramm der Linken

„Gegen den Braunkohleabbau in Deutschland haben Aktivistinnen und Aktivisten mit spektakulären Aktionen protestiert.“ Deswegen sollen bis 2030 alle Mitgliedsländer aus dem Kohleabbau ausgestiegen sein. Zusammengefasst streben die Linken im Themenfeld Umwelt den Transport von Waren über das Schienennetz an, sowie autofreie Innenstädte und einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr.  Die Partei möchte auch, dass große Energiekonzerne demokratisch vergesellschaftet werden, eine Mehrwertsteuer auf Flugtickets erhoben wird und eine EU weite Kerosinsteuer eingeführt wird. Die Zulassung von Glyphosat möchte die Linke nicht verlängern.

Bei dem Punkt Migration lehnen die Linken fast alle Forderungen der Union ab. Sie möchten, dass ein Schnellverfahren und die Inhaftierung von Schutzsuchenden abgeschafft wird und Frontex auflösen. Dies soll durch ein ziviles europäisches Seenotrettungsprogramm ersetzt werden. Das Dublin-System möchten die Linken beenden: Die Schutzsuchenden sollen selbst bestimmen, in welchen Land sie leben wollen. Allerdings soll jedes Land nur so viele Flüchtlinge aufnehmen, wie es ökonomisch verkraften kann. Die Abschiebung in von Krieg und Armut geprägten Ländern, lehnt die Linke ab. Außerdem sollen die dauerhaft in der EU lebenden Menschen ein Wahlrecht bekommen. Die Linken streben darüber hinaus die Einführung einer „europäischen Fluchtursachensteuer“ ab.

Das Wahlprogramm der FDP

In den 65 Seiten des Wahlprogrammes der FDP werden lediglich 3 Seiten mit dem Thema Klimaschutz befüllt. Bei dem Thema setzt die Partei stark auf die freiwillige Mithilfe der Bürger: Die EU soll den Bürgern nichts verbieten, sondern lediglich Anreize schaffen. Einen CO2 Mindestpreis lehnt die Partei ab.

Einen besseren Schutz der EU-Außengrenzen und einen Abbau der inneneuropäischen Grenzkontrollen strebt die FDP bei dem Thema Migration an. Die Frontex soll zu einer sogenannten Grenzschutzbehörde mit eigener Handlungsbefugnis ausgebaut werden. Außerdem erachtet die FDP eine schnelle Integration von Asylsuchenden in den Arbeitsmarkt als besonders wichtig. Damit die Asylsuchenden den Weg über das Mittelmeer nicht antreten müssen, strebt die Partei an, dass die Menschen den Asylantrag schon im außereuropäischen Ausland stellen zu können. Die FDP fordert ein Punktesystem nach einheitlichen Maßstäben, welches die Abschlüsse und Sprachkenntnisse der Migranten gewichtet. Die FDP ist der Meinung, dass die EU die Attraktivität für Studierende und Facharbeitern steigern muss.

Im Bereich der Bildung fordert die FDP Englisch als zweite Verwaltungssprache einheitlich in allen Mitgliedsländern. Außerdem soll in der EU Bildungsfreizügigkeit gelten: Die Bildungsangebote sollen in allen Mitgliedsländern wahrgenommen werden können. Um die Jugendarbeitslosigkeit zu vermindern, fordert die FDP einen gemeinsamen Berufsausbildungsmarkt, in dem alle nationalen Arbeitsagenturen vernetzt sind. Damit einhergehend soll eine europäische Ausbildungsagentur gegründet werden, um die freien Ausbildungsplätze europaweit aufzuzeigen. Ähnlich wie die anderen großen Parteien ist die Partei für den Ausbau der Stipendienprogramme und Erasmus+: „Nutzen wir die Chancen Europas durch beste Bildung und vielfältige Austauschmöglichkeiten! Füllen wir die europäische Idee wieder mit Leben! Ermöglichen wir es den Menschen, im europäischen Bewusstsein groß zu werden, und schaffen wir die Voraussetzungen, um Europa gemeinsam größer zu machen!“

Das Wahlprogramm der AfD

Das Wahlprogramm der AfD umfasst 81 Seiten. Bei dem Thema Umweltschutz hat die Partei keinen Lösungsansatz: „Das Klima in allen Klimazonen der Erde – von tropisch bis polar – wandelt sich naturgesetzlich seitdem die Erde besteht. Ein konstantes Klima über längere Zeiträume gibt es nicht. Wir bezweifeln aus guten Gründen, dass der Mensch den jüngsten Klimawandel, insbesondere die gegenwärtige Erwärmung, maßgeblich beeinflusst hat oder gar steuern könnte. Klimaschutzpolitik ist daher ein Irrweg.“

Die AfD ist gegen eine gemeinsame, europäische Asylpolitik. Dieses Thema, sowie der Schutz der Außengrenzen soll Aufgabe des betreffenden Mitgliedlandes sein. Statt die Asylsuchenden in die Europäische Union aufzunehmen, sollen Schutzzonen in den Krisengebieten errichtet werden. Die syrischen Kriegsflüchtlinge sollen direkt zurückgeführt werden. Die Grenzkontrollen innerhalb der EU sollen dauerhaft eingeführt werden.

Über das Thema Bildung wurde keine Aussage im Wahlprogramm getroffen.

 

 

 

Von Viola Schütz
Veröffentlicht am 25.05.2019