Tag der Pressefreiheit

Freie Medien sind auch heute nicht mehr selbstverständlich

Reporter weltweit kämpfen für eine freie Presse. Foto: Pixabay

Inhaftierte, bedrohte und angeklagte Journalisten sind weltweit keine Seltenheit mehr. Die Lage der Pressefreiheit verschlechtert sich zunehmend. Was man zuvor nur aus Diktaturen und autoritär geführten Staaten kannte, findet jetzt auch in demokratischen Ländern Einzug. Auch in Deutschland ist die Pressefreiheit keine Selbstverständlichkeit mehr. Ein Kommentar.

In Demokratien wie Deutschland erfüllen Medien grundlegende Funktionen: Sie sollen das Volk informieren, durch Kritik und Diskussion zur Meinungsbildung beitragen und damit Partizipation ermöglichen. Oftmals werden Medien auch als "vierte Gewalt" bezeichnet. International wird die Pressefreiheit als grundlegendes Menschenrecht gesehen, auch wenn sie nur in wenigen Fällen wirklich als solches behandelt wird.

Die weltweit agierende Organisation „Reporter ohne Grenzen“ (ROG) veröffentlicht jedes Jahr eine Rangliste der Pressefreiheit. Auf dieser Liste werden 180 Länder bezüglich ihrer Medienfreiheit dargestellt. Kriterium für die Platzierung der einzelnen Länder ist ein Fragebogen mit 87 Fragen, der an Journalisten, Juristen, Forscher und Menschrechtler weltweit verteilt wird.

Am 26. April erschien die neuste Rangliste für 2017 und bildet laut ROG „eine Verschlechterung der Lage für Journalisten und Medien weltweit“ ab. Besonders in Polen, Russland, der Türkei und der Ukraine hat es in den letzten Jahren eine signifikante Verschlechterung gegeben. Der ROG-Vorstandssprechter Michael Rediske betont: „Besonders erschreckend ist, dass auch Demokratien immer stärker unabhängige Medien und Journalisten einschränken, anstatt die Pressefreiheit als Grundwert hochzuhalten.“ Aktuell wird die Rangliste der Pressefreiheit von Norwegen auf Platz eins angeführt. Deutschland liegt derzeit auf dem 16. Platz. Das Schlusslicht ist Nordkorea.

Die signifikanteste Verschlechterung der letzen Jahre

Die Türkei liegt auf Platz 155 von 180. Diese Platzierung resultierte aus über 100 verhafteten Journalisten, der Schließung von 150 Medienanstalten und 700 annullierten Presseausweisen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan wird von ROG sogar als „Feind der Pressefreiheit“ eingestuft. Noch vor wenigen Jahren betonte Erdogan: „Nirgendwo ist die Presse freier als in der Türkei“. Doch wurde diese verfassungsrechtlich gewährleiste Pressefreiheit von Erdogan in den letzten Jahren immer weiter eingeschränkt.

Erdogan vollzog nach dem Putschversuch im Juli vergangenen Jahres eine „Säuberung“ der türkischen Bevölkerung. Es folgten Tausende von Festnahmen und Zehntausende von Entlassungen aus dem Beamtendienst. Der Notstand wurde ausgerufen um den Staat und die innere Ordnung vermeintlich zu schützen. Deshalb hat die türkische Regierung die Möglichkeit, Rundfunkübertragungen, Zeitungen und Magazine zu zensieren und die Verantwortlichen strafrechtlich verfolgen zu lassen. Die in der Verfassung verankerte Pressefreiheit wurde kurzerhand aufgehoben. Es wurden Nachrichtenportale blockiert und Radio- sowie TV-Sendern Lizenzen entzogen. Auch heute noch, fast ein Jahr nach dem Putschversuch, herrscht in der Türkei noch offizieller Ausnahmezustand und damit einher auch eine weitreichende Zensur der Medien.

Aber fassen wir uns doch mal an die eigene Nase

In Deutschland ist die Pressefreiheit wie folgt definiert: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“

Trotz des rechtlichen Schutzes sieht es auch in Deutschland mit der Pressefreiheit nicht mehr so rosig aus wie vor einigen Jahren noch. Noch vor zwei Jahren befand sich Deutschland auf Platz zwölf des ROG-Rankings. Zwar stehen wir im Vergleich zu anderen europäischen Staaten noch recht gut da, doch häufen sich auch hierzulanden die Übergriffe auf Journalisten. Die einst überdurchschnittlich große Medienvielfalt in Deutschland nimmt ab. Daran sind sinkende Auflagenzahlen genau so schuld wie die fehlende Informationsfreiheit in einigen Bundensländern. Zudem kommen ökonomische Zwänge, denen sich immer mehr Journalisten ausgesetzt sehen. Die ansteigende Monopolisierung im Bereich der Zeitungsverlage macht es, besonders kleineren Verlagen oder selbstständigen Journalisten schwer, konkurrenzfähig zu bleiben.

Zudem beschuldigt der Deutsche Journalistenverband (DJV) die Alternative für Deutschland (AfD), die Pressefreiheit zu missachten, nachdem angemeldete Journalisten der Zugang zu Mitgliederversammlungen verwehrt wurde. Rechtspopulisten provozieren auch bei Journalisten ein engagiertes, parteiisches Verhalten, wodurch es leicht zu einem Duell „Politiker gegen Journalist“ kommt. Es gehört sogar zur populistischen Taktik zu zeigen, dass die Journalisten Teil der „Elite“ sind und damit zu den „Bösen“ gehören.

Doch sollte man nicht vergessen, dass auch wir als Bürger einen großen Anteil an der Pressefreiheit in Deutschland haben. Nur durch besonnen und aktiven Umgang mit den Medien und dem Bewusstsein, dass die Pflicht, bei jedem selbst liegt sich ein umfassendes Bild der Realität zu verschaffen, und nicht nur auf ein Nachrichtenformat oder eine Zeitung zu vertrauen. So ging beispielsweise die Anzahl der New-York-Times-Abonnenten nach der Wahl von Donald Trump zum neuen Präsidenten rapide in die Höhe.

Am Ende ist es dennoch wichtig anzumerken, dass wir — wenn auch auf Platz 16 der ROG-Rangliste — in einem Land leben, wo Kritik auch akzeptiert und ernst genommen wird. Es sollte uns allen ein Anliegen sein, die Pressefreiheit auch weiterhin rechtlich und ökonomisch abzusichern. Aber auch die Medienfreiheit in andern Ländern sollte uns wichtig sein. Ohne eine weltweit freie Presse kann auch in Deutschland nicht die Rede von völliger Freiheit an Meinung und Information sein.

Von Luisa Gehnen
Veröffentlicht am 03.05.2017