Selbstversuch

Online reich werden – Mythos oder Geheimtipp?

Die eigene Meinung gegen Geld preisgeben. Klingt einfach, aber ist es das wirklich? Foto: Pixabay

Das Internet hat uns allen viele neue Wege gezeigt. Ob Influencer sein oder schnell nach Dingen zu suchen, fast alles ist möglich. Auch kann jeder durch Umfragen und Produkttests online Geld verdienen. Und das angeblich sehr schnell und einfach. Wie einfach das Ganze wirklich ist, hat MAERKZETTEL Redakteurin Nina für euch getestet.

Es ist neun Uhr morgens. Für mich eine eher ungewohnte Zeit. Ich mache momentan ein Urlaubssemester, da ich auf Grund von Corona mein Auslandssemester abbrechen musste. Das bedeutet: Ich habe viel Zeit und relativ wenig zu tun. Ich habe mir überlegt diese Zeit sinnvoll zu nutzen, und einen Tag lang online zu „arbeiten“.  Durch verschiedene Umfragen oder Tests, kann jeder mit einem Handy oder Laptop im Internet Geld verdienen.

Für mich klingt das erstmal sehr einfach. Gerade während der Corona Krise sitzen viele Zuhause und haben Zeit, zwischendurch mal die ein oder andere Umfrage zu machen. Wer durch die Situation bedingt in Kurzarbeit ist oder seinen Job verloren hat, sucht wohlmöglich nach einer neuen Option etwas Geld dazuzuverdienen. Natürlich mache ich mich erst einmal schlau. Ich möchte mich ungern bei einer unseriösen Website anmelden. Immerhin werden meine Daten verarbeitet und ich möchte nicht in eine Falle tappen. Nach ausgiebiger Recherche entscheide ich mich dann für Testerheld, Meinungsort und Clickworker. Diese drei gefallen mir aufgrund ihrer Beschreibungen her am besten und haben viele gute Bewertungen. 

Produkttests

Zunächst beschäftige ich mich mit Testerheld. Die Seite kenne ich schon, denn sie schaltet regelmäßig Werbung auf Youtube. Die zwei Werbevideos haben dort bereits beide über eine Millionen Aufrufe. Jedoch merke ich schnell: Viele Daumen nach oben haben sie nicht bekommen. Ein Mann, der sich mit „Ludwig von Testerheld“ vorstellt, erklärt wie einfach und schnell es doch ist, mit Testerheld Geld zu verdienen. Die Rede ist von einem gratis Test von Produkten bekannter Marken. Wieso nicht? Neue Produkte testen, und dafür noch Geld bekommen? Klingt für mich eigentlich super.

Auf der Startseite der Website sehe ich nur positive Bewertungen anderer User. Außerdem lese ich: „Verdiene mehr als 30 Euro direkt nach der Registrierung“. Die Anmeldung gestaltet sich sehr einfach. Vorname, Nachname und E-Mail, dann bin ich schon dabei. Jetzt bin ich bereit loszulegen und Geld zu verdienen. Bereits am Anfang bekomme ich 23 Aufträge auf meinem Profil aufgezeigt, mit denen ich insgesamt 211 Euro verdienen könnte. Tatsächlich kenne ich die meisten Unternehmen nicht. Ich entscheide mich dafür ein Handyspiel zu testen. Hier soll es zehn Euro Vergütung geben. Als ich jedoch starten möchte, bemerke ich, dass fünf Euro nur eine Gutschrift sind. Das bedeutet ich kaufe das Spiel erst mit meinem eigenen Geld und bekomme dieses dann nur wieder, wenn der Test abgeschlossen wurde. Und selbst dann, kann ich mir mein Guthaben erst auszahlen lassen, wenn ich 20 Euro verdient habe.

Enttäuscht logge ich mich bei Testerheld aus. Dass ich erst Geld investieren muss stört mich und möchte ich auch nicht. Bis jetzt habe ich also nichts verdient, sondern wurde bloß dazu aufgefordert mein eigenes Geld auszugeben.

Meinung gegen Geld

Als nächstes versuche ich mein Glück bei Meinungsort. Hier kann ich mich ebenso einfach registrieren und Umfragen beantworten. Dafür gibt es allerdings kein Geld, sondern „Meinungspunkte“. Bei 50 gesammelten Punkten erhalte ich dann etwas mehr als zwei Euro. Das klingt fair, also lege ich sofort los. Ich beginne mit einer Umfrage und muss Fragen zu einem Prospekt beantworten. Nach 15 Minuten habe ich fünf Punkte gesammelt. Danach folgt eine Umfrage zu einem Baumarkt. Nach und nach wird mir langweilig und ich merke wie ich nur noch gelangweilt irgendetwas anklicke, um zum Ende der Umfrage zu gelangen. Die Fragen ähneln sich meistens und die Themen der Umfrage interessieren mich auch nicht.

Nach 45 Minuten habe ich bereits zwei Umfragen abgeschlossen, die mir nach 10 Minuten mitteilen, ich wäre nicht passend für diese Umfrage. Trotzdem habe ich mittlerweile 15 Punkte und mache eifrig weiter. Bei Meinungsort könnte ich meine Punkte auch gegen Gutscheine für viele verschiedene Unternehmen eintauschen. Für einen bräuchte ich allerdings 195 Punkte. Bei meinem Durchschnittstempo bräuchte ich also etwa neun Stunden bis ich einen Gutschein bekommen würde. Nachdem weitere Unternehmen für ihre Umfrage persönliche Daten von mir einbeziehen wollen, oder mir nach einer 15 Minuten langen Umfrage keine Punkte mehr gutgeschrieben werden, breche ich auch hier ab. Meinungsort ist für zwischendurch eine ganz nette Lösung, um etwas Geld dazuzuverdienen, aber keine Option für einen vollen Arbeitstag. Ich bin bereits nach einer Stunde gelangweilt und habe keine Lust mehr. An sich würde mich das nicht hindern weiter zu machen, doch es stört mich, dass mir manchmal einfach keine Punkte gutgeschrieben werden.

Recherche-Jobs

Meine letzte Option ist nun also Clickworker. Es ist mittlerweile schon Mittag. Bis jetzt habe ich null Euro verdient und relativ viele Nerven verloren. Mit Recherche-Aufgaben, Sprachaufnahmen machen oder auch dem Korrekturlesen, kann über Clickworker Geld verdient werden. Für mich klingt das erst einmal abwechslungsreich. Für die Anmeldung muss ich meine Adresse angeben, was mich etwas stutzen lässt. Also schaue ich mir die Datenschutzerklärung mal genauer an. Tatsächlich bezieht Clickworker eine Menge Daten, wie zum Beispiel auch meine Arbeitsqualität und die Ablehnungsquote bei Jobs.

Trotz eines komischen Gefühls melde ich mich an und mir werden sofort verschiedene Jobs vorgeschlagen. Die Auszahlung erfolgt hier ab zehn Euro. Ich entscheide mich für einen Recherchejob. Hier muss ich ein vorgegebenes Wort googlen und angeben was dabei herauskam. Ganze acht Cent hat mir das eingebracht und etwa zehn Minuten gedauert. Nach ein paar mehr Jobs dieser Art und etwa einer halben Stunde habe ich schon 25 Cent. Allerdings sitze ich auch schon wieder einige Zeit an der gleichen Aufgabe. Viel Auswahl gibt es bei Clickworker nicht. Ich könnte auch für je einen Euro ein Selfie machen, aber ich habe keine Ahnung, wo diese dann landen würden. Nach einer sehr interessanten Umfrage habe ich nun bereits einen Euro und 75 Cent verdient. Aber bis ich die zehn Euro hätte, bräuchte ich wahrscheinlich noch mehrere Stunden. Also gebe ich auch hier auf.

Eher Mythos als Geheimtipp

Am Nachmittag sitze ich ohne den erhofften Reichtum immernoch an meinem Schreibtisch. Wenn ich alles zusammenrechne, hätte ich zwar fast fünf Euro verdient, diese kann ich mir aber nicht auszahlen lassen. Abgesehen davon ging dafür auch der halbe Tag drauf. Die Motivation vom Morgen ist wie weggeblasen. Ich muss ehrlich sagen: Am Anfang war es ganz lustig, aber es wurde immer langweiliger. Dazu noch der extrem geringe Verdienst.

Für ab und an kann ich einen Clickworker oder Meinungsort-Account empfehlen. So würde es zwar ein paar Tage dauern bis ich mir das Geld auszahlen lassen könnte, jedoch würde ich auf lange Sicht etwas dazuverdienen. Aber um wirklich jeden Tag zu arbeiten und so Geld zu verdienen, sind alle Varianten nicht geeignet. Es würde Stunden dauern, bis ich mir einen geringen Betrag auszahlen lassen könnte. Außerdem habe ich einfach nicht die Geduld und Disziplin, um mehrere Stunden die gleiche Aufgabe am Laptop zu machen, bei der ich kaum mein Gehirn einschalten muss.

Von Nina Welz
Veröffentlicht am 22.05.2020