Contra Ostern

Ostern im negativen Wandel der Zeit

Auch die Eier haben Ostern allmählich satt. Foto: Pixabay

Was feiern wir da noch mal? Auferstehung, Fruchtbarkeit, Sommerbeginn oder doch einen eierlegenden Hasen? Es scheint, als würde das niemand wirklich wissen und kaum einen interessieren. Ein Kommentar. 

Früher war Ostern mal cool, als es noch in den kleinen Clubs gespielt hat. Als der Vibe der Auferstehung noch in der Luft lag und alle zusammen Wein und Brot geteilt haben. Da hatte alles noch einen Sinn, da hatte jeder noch dieses „festliche Feeling“. 

Doch in den letzten 2.000 Jahren hat sich viel geändert, die Luft ist raus. Niemand kann sich noch an damals erinnern, niemand hat mehr Bock auf Kirche, Saufen, Feiern. Die Freude am ehemals größten Kirchenfest des Jahres hat so stark abgenommen, dass es ein Vorbild für jeden guten Neujahrsvorsatz in Punkto Gewichtsabnahme wäre. 

Niemand mag Ostern 

Ostern ist der Loser unter den Feiertagen, ein Tag, der kaum einen wirklich interessiert, der nur nervt und Arbeit mit sich bringt. Die ätzenden Verwandten müssen ertragen werden, obwohl Weihnachten noch nicht mal ganz überwunden ist. Die Geschäfte haben dank der Feiertage kaum geöffnet. Die "Oster-Süßigkeiten" machen die Diätpläne, die zu Neujahr voller Motivation getroffen wurden, zunichte. Vergessene Eier im Garten locken lediglich Tiere an oder vertreiben Anwohner durch ihren Geruch. 

Die Menschen sind unzufrieden. Seitdem kaum noch jemand in die Kirche geht, fehlt es an einem guten Grund Ostern zu feiern. Es ist ja auch verständlich bei so viel Stress mit Kreuzigung, Auferstehung und erneutem Sterben. 

#DerWahreOsterhase 

Dank pfiffiger und uneigennütziger Unternehmen, wie Netto, wird diesem Gefühl der Oster-Ohnmacht jedoch Abhilfe geschaffen. Der „soziale“ Marken-Discounter hat es sich auf die rote/gelbe Flagge geschrieben, die Geschichte zu erzählen, wo #DerWahreOsterhase herkommt. Einfach nur toll so viel Engagement! Vor allem bei so viel Multikulturalismus in Deutschland, an einen Hasen „dürfen“ alle glauben. 

Der neue flippige Werbespot klärt auf hochemotionale und tiefgründige Weise auf: Netto zeigt einen animierten Plüschhasen, der die Geschichte des "wahren" Osterhasens erzählt. So oder so ähnlich muss sich dies das Netto-Marketingteam zumindest vorgestellt haben. 

Laut Netto sei der Osterhase eine Kreuzung aus Huhn und Hase, der in der Waldschule gehänselt wurde und bei Angst bunte Eier legt. Nachdem der Hase Zuhause abhaut, legt er eine steile Karriere in der Medienbranche hin. Doch trotz all dem Ruhm fällt ihm auf, dass es Wichtigeres im Leben gibt, als Geld: nämlich die Familie. 

Ist es das, was unsere Kinder glauben sollen? Zwar passt diese an Kitsch fast erstickende Version der Ostergeschichte ins 21. Jahrhundert. Trotzdem kann von „pädagogisch wertvoll“ oder „Fantasie anregend“ bei dieser Geschichte nicht die Rede sein. Denn schaut man dem kleinen putzigen Häschen mal ganz tief in die großen Kulleraugen, sieht man auch nur Kommerz und Absatzzahlen der Schoko-Hasen-Mafia. 

Ostern ist nur noch ein „Evergreen“ des Marketings, das als Anreger zum Frühjahrsshopping missbraucht wird. Jeder akzeptiert es, niemand kritisiert es. Warum? Weil es einfach funktioniert. Das war`s dann aber auch. Mit Kirche hat weder der Netto-Hase noch das bunte Industrie-Ei irgendwas zu tun.  

Aber wer weiß, vielleicht hat auch die Kirchenstory irgendwann mal ein Revival und wird zu einer total fancy Supermarktwerbung verarbeitet. Netto hat sich bestimmt schon die Rechte gesichert. Man muss ja auch an zukünftige Generationen von Kunden, äh, Kindern denken, nicht wahr? 

Von Luisa Gehnen
Veröffentlicht am 13.04.2017