Duell der Woche

Privat studieren - Traum oder Alptraum?

So könnte die Rechnung für ein Semester an einer privaten Hochschule aussehen. Lohnt es sich? Foto: Pixabay

Nach dem Abitur wird es für viele Schüler ernst. Es stellen sich einige Fragen: Was soll studiert werden und vor allem wo? Jedes Jahr wählen viele Abiturienten statt einer staatlichen Universität eine private Hochschule. Was verbirgt sich eigentlich hinter den Klischees des reichen Privatstudenten? Unsere Redakteure äußern sich dazu in unserem Duell der Woche.

Klasse statt Masse
Von Michelle Reichelt

Privat-Unis sind angeblich teuer und bilden nur die Elite aus – Viele Menschen in Deutschland haben Vorurteile gegen die privaten Universitäten. Doch diese Klischees zeichnen ein völlig falsches Bild!  

Zu den besten Jahren im Leben gehört die Studienzeit, also sollte man sich früh genug Gedanken machen, welche Uni die richtige für einen ist. Wichtig dabei ist, sich über die eigenen Prioritäten Gedanken zu machen und dann zu schauen, welcher Studiengang an welcher Hochschule am besten dazu passt – und dabei spielt es keine Rolle, ob privat oder staatlich.  

Trotz allem kämpfen wir Privatstudenten mit dem Vorurteil, lediglich die arroganten Kinder reicher Eltern zu sein und werden mit Klischees überschüttet. 

„An Privat-Unis studieren nur reiche Schnösel“   

Arrogant, überheblich und reich – Ein Klischee, das sich besonders hartnäckig hält.   

Natürlich stimmt es, dass es auf privaten Hochschulen viele Studenten gibt, die regelrecht im Geld schwimmen und von Papi alles bezahlt bekommen, was das Herz begehrt. Das liegt in der Natur eines teuren Studiums und verwundert nicht weiter. Aber nicht alle, die zur Kategorie „wohlhabend“ gehören, lassen das raushängen, auch sie müssen teilweise ihr Studium teils selbst finanzieren oder die vorgeschriebenen Pflichtpraktika absolvieren. Daneben gibt es aber auch viele „Normalos“, die sich das Studium beispielsweise durch einen Studienkredit finanzieren oder mehrmals die Woche nebenbei arbeiten. 

Doch nur weil diese Klischees existieren, müssen wir uns nicht anpassen oder verbiegen. Ganz im Gegenteil: Wir müssen für uns einstehen. Und zwar für alles, was uns wichtig ist und uns am Herzen liegt. Kann durchaus sein, dass das für andere oft richtig unangenehm wird.  

„An Privat-Unis studiert man schneller“  

Dass man auf Privat-Unis schneller studiert, ist ein Argument, das in den meisten Fällen tatsächlich stimmt! Intensive Lehre, Praxisprojekte und Organisation sind hier die Stichwörter. Die privaten Einrichtungen sind meistens kleiner als die staatlichen Universitäten. Statt überfüllter Hörsäle kennen Studierende ausschließlich kleine Seminargruppen. Ich persönlich sitze nie mit mehr als 25 Studenten in einer Lehrveranstaltung – somit muss niemand auf dem Boden sitzen.

Zudem passt der Name „Vorlesung“ auch nur bedingt. Viel eher ist es ein Austausch zwischen Studierenden und Professoren, bei dem man selber viel praktisch arbeitet und leichter Fragen stellen kann. Auch die Beziehung zu meinen Dozenten ist durch dieses Verhältnis sehr viel persönlicher.  

Nach Angaben einiger Universitäten resultieren durch diese Möglichkeit des Lehrens, nicht nur sehr geringe Abbruchquoten, sondern auch hervorragende Ergebnisse in den Prüfungen. Die gute Organisation ermöglicht den Studenten ein sehr schnelles und effizientes Studieren. Nach Angaben einer McKinsey Studie schaffen rund 90% aller Studenten an privaten Hochschulen ihr Studium in der Regelstudienzeit.

 „An Privat-Unis kriegt man seinen Abschluss geschenkt “ 

 „Man zahlt ja schließlich dafür.“ – Menschen mit solchen Aussagen übersehen gerne die zahlreichen Zulassungsverfahren, bei denen keinesfalls nur der Geldbeutel der Eltern entscheidet. Anstatt einzig anhand der Abiturnote über die Eignung eines Bewerbers zu entscheiden, durchlaufen die Bewerber einen umfangreichen Bewerbungsprozess. Angefangen bei Eignungstests und Motivationsschreiben bis hin zu Auswahlgesprächen mit den Studiengangsleitern. Zudem ermöglichen private Hochschulen, auf Grund des vielleicht nicht erreichten Numerus Clausus, auch den Studierenden eine akademische Ausbildung, die sonst womöglich nie ein Studium begonnen hätten. 

Rein formal gesehen sind die Abschlüsse privater mit denen der staatlichen Hochschulen gleichgestellt. 

Vorurteile und Pauschalisierungen  

Vorurteile gegenüber Studierenden an einer Privat-Uni sind also genauso falsch, wie alle Pauschalisierungen. Aber wie man sicherlich schon weiß: Die meisten, die solche Sprüche äußern, wollen nicht diskutieren und sich vom Gegenteil überzeugen lassen. Wenn also alles nichts hilft, sollte man gelassen bleiben. Den Stress braucht man sich nicht auch noch anzutun.  

Tausche Geld gegen Bachelor
Von Nina Welz

Kleinere Klassen, enger Bezug zur Praxis und ein Einstieg ins Studium ohne Numerus Clausus. Genau damit werben zahlreiche private Hochschulen. Für mehrere Tausend Euro Semesterbeitrag. Warum genau geben Menschen so viel Geld für ihr Studium aus, und was bringt es ihnen eigentlich? Ganz genau, gar nichts.

An staatlichen Universitäten beträgt der Semesterbeitrag um die 150 bis 250 Euro. Ganz anders sieht das bei den privaten Hochschulen aus. Dort beläuft sich der Semesterbeitrag meist auf mehrere tausend Euro. Ohne Numerus Clausus kann sich hier jeder bewerben der das Studium finanzieren kann. Jeder bekommt seinen Abschluss und gute Noten für das, was angeblich die Welt regiert: Geld.

Für viele sind diese hohen Studiengebühren kein Hindernis. Meist finanzieren reiche Eltern ihren Kindern ein solches Studium an einer privaten Universität. Wer auch ohne das Geld der Eltern privat studieren möchte, hat meist einige harte Jahre vor sich. Mehr als einen 450 Euro Job kann man sich neben den Vorlesungen nicht zumuten. Denn wenn die Leistung dann nachlässt, hat man das Geld ohne Sinn investiert. Wer während des Studiums nicht arbeitet, sitzt dann danach auf einem riesigen Berg Schulden. Ob einem der Bachelor, den man auch für viel weniger Geld hätte machen können, hilft? Ich denke nicht.

Keine Flexibilität

Ein Job neben dem Studium gestaltet sich sowieso schwierig. Denn an den meisten privaten Hochschulen gibt es einen sogenannten „fixen Stundenplan“. Das bedeutet, jeder bekommt seinen Stundenplan von der Hochschule zusammengestellt. Was für die einen super entspannt sein mag, ist für andere eine Qual. So kann man sich nämlich nicht, wie an staatlichen Universitäten, selbst seine Kurse zurechtlegen. Wer also Pech hat, bekommt einen Stundenplan, der so gar nicht zu den eigenen Arbeitszeiten passt. Außerdem wird so das Wahrnehmen von Hobbys und Freizeitaktivitäten extrem eingeschränkt. Ein entspanntes Studium mit Abwechslung im eigenen Leben ist also nicht möglich.

Wer außerdem eine große Auswahl an Studiengängen möchte, ist bei den meisten privaten Hochschulen ebenfalls an der falschen Adresse. Meist sind diese nämlich auf bestimmte Fachbereiche spezialisiert und bieten nur wenige Studiengänge an. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass viele private Unis von mittelständischen und großen Unternehmen finanziell unterstützt werden. Diese bieten sich natürlich nicht aus purer Großzügigkeit als Sponsoren an, sondern erhoffen sich im Gegenzug von „ihren“ Hochschulen die Ausbildung qualitativ hochwertiger Fachkräfte für die eigenen Unternehmen. Das wirkt sich auch auf die Studieninhalte aus.

Betreuung wie im Kindergarten

Nach dem Abitur ist jeder natürlich aufgeregt und gespannt auf das „Studentenleben“. Jetzt folgt ein neues Kapitel im Leben. Leider werden Abiturienten mit dieser Einstellung schnell enttäuscht, wenn eine private Hochschule in Betracht gezogen wird. Denn dort läuft der Alltag nicht anders ab als in der Schule. Kleine Klassen, die Professoren kennen die Namen der Studenten, und schrecken nicht davor zurück sie zu ihren Pflichten zu drängen. Hier greift natürlich das typische Vorurteil: Ein Kind reicher Eltern, das in der Schule nie aufgepasst hat, kommt mit einem Abitur-Durchschnitt von 3,9 zu einer privaten Hochschule. Natürlich hat es nie gelernt aufzupassen, oder sich Mühe zu geben. Hier kommen die Dozenten der privaten Hochschule zum Einsatz: Mit Mühe und Not drängen sie den Studenten zum Lernen und animieren ihn zum Mitmachen. So bekommt auch dieser Student seinen Bachelor. Für einen Abiturienten mit einem 1,0er Durchschnitt, wäre das vermutlich die Hölle auf Erden.

Natürlich klingen solche Vorurteile überspitzt und absurd. Doch sie sind wahr, und wer denkt es sei viel einfacher an einer privaten Hochschule zu studieren, der irrt sich. Wer einen guten Abitur-Durchschnitt und sich selbst unter Kontrolle hat, kann für viel weniger Geld an eine staatliche Universität gehen. Und wer zwar einen guten Abitur-Schnitt hat, aber trotzdem ab und an einen Stubser der Lehrkräfte braucht, um sich zu disziplinieren, der kann auch einfach eine öffentliche Hochschule besuchen. Laut Destatis hat man dort sogar noch mehr Bezug zu den Lehrkräften. Die Betreuungsrelation an privaten Hochschulen liegt im Durchschnitt bei 30 Studierenden je Lehrkraft, an öffentlichen Hochschulen bei 16 Studierenden.

Fakt ist, es ist völlig unnötig so viel Geld für ein Studium an einer privaten Hochschule auszugeben. Schließlich gibt es die Möglichkeit exakt den gleichen Abschluss für viel weniger Geld zu machen. Und das unter denselben Auflagen. Und mal ehrlich? Wen interessiert es ob die Computer an der Uni 10 oder 2 Jahre alt sind?

Veröffentlicht am 11.04.2020

Michelle Reichelt

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