Thanksgiving – Ein Tag für Familie und Freunde

Traditionell wird bei den US-Amerikanern an Thanksgiving ein großes Menü aufgefahren. Quelle: pixabay

Am 23. November feiern die Nordamerikaner in diesem Jahr Thanksgiving. Dieses Fest ist vergleichbar mit dem Erntedankfest in Deutschland. Jedoch wird dieser Tag in den USA höher gewichtet als in Europa. Traditionell findet dieses Fest am vierten Donnerstag im November statt. Doch wie genau feiern die US-Amerikaner Thanksgiving?

Historiker sind sich nicht ganz einig darüber, welchen Ursprung das heutige Thanksgiving hat. Die einen sagen, der Stamm der Caddo feierte am 23. Mai 1541 im Gebiet des heutigen Texas ein solches Fest. Die meisten Historiker setzen den Startpunkt allerdings im Herbst des Jahres 1621. Dort feierten die Pilgerväter in Plymouth, Massachusetts, mit den einheimischen Wampanoag-Indianern Legenden zufolge, ein dreitägiges Erntedankfest. Der ehemalige US-Präsident Abraham Lincoln ernannte 1863 den vierten Donnerstag im November schließlich zum Nationalfeiertag.

Seitdem feiern die US-Amerikaner ein großes Familienfest an diesem Tag. Traditionell wird viel Essen aufgefahren: gefüllter Truthahn, Kartoffeln, Kürbis und weitere Leckereien. Megan Heller kommt ursprünglich aus Kalifornien, lebt nun aber in Washington, um dort ihren Master zu machen. Sie hat jedoch auch Familie in Washington. „Ich werde dieses Jahr zum ersten Mal mit meiner Familie in Washington feiern. Meine Eltern und meine Schwestern werden nicht zu Besuch kommen“, sagt sie. „Normalerweise feiern wir ziemlich ruhig. Wir haben viel zu viel Essen, wie Truthahn, Kartoffelpüree und verschiedenes Gemüse, und genießen die Zeit mit der Familie. Ich bin gespannt, wie es dieses Mal in Washington wird.“

Traditionen gibt es, doch nicht alle leben sie aus

Da die Familien meist ziemlich verstreut in ganz Amerika leben, sind die Straßen, Bahnhöfe und Flughäfen an diesem Tag besonders voll.  Um das zu vermeiden, feiern nicht alle Amerikaner mit der gesamten Familie. So auch Lana Kelley und ihre Familie. Sie leben in Boston und bleiben dort auch an diesem Feiertag: „Meine Familie macht nicht so einen großen Aufriss, wie es andere Familien tun. Wir bleiben zu Hause und kochen eines unserer Lieblingsgerichte, anstatt mit einem Truthahn groß aufzufahren.“ Sie misst dem Feiertag nicht so große Bedeutung zu: „Im letzten Jahr haben wir eine Ausnahme gemacht und sind nach Kanada zu meinem Bruder gefahren. Er studiert dort. Es war gut, um dem Trubel um Thanksgiving zu entfliehen und ein paar ruhige Tage mit meiner Familie zu verbringen.“ Auch Kyra Rodriguez aus Las Vegas legt keinen Wert auf Traditionen. Sie feiere das Fest nicht am vierten Donnerstag, sondern an dem Sonntag danach. So könne wirklich jedes Familienmitglied und alle Freunde anwesend sein. „Wir sind früher ab und zu mal zu den Paraden gegangen, wo nochmal verdeutlicht wird, dass Thanksgiving den Pilgern zu verdanken ist. Ab und an waren wir auch schon im Disneyland zu dieser Zeit. Wir legen nicht so viel Wert auf die Tradition“, so Rodriguez. Der Deutsch-Amerikaner Klaus Henstebeck aus New York sieht das anders: „Wir feiern Thanksgiving nach der amerikanischen Tradition. Wir haben viel Essen, schauen Football-Spiele im Fernsehen und sitzen abends zusammen am Lagerfeuer und erzählen Geschichten und trinken Bier.“

Ein Tag mit den Lieben

Doch alle sind sich einig: „Thanksgiving ist ein Fest, an dem man dankbar für seine Familie und alle anderen Dinge ist, die man im Leben hat“, denkt Klaus Henstebeck. Lana Kelley und ihre Uni-Freunde haben zudem noch das „friendsgiving“ eingeführt. Sie und ihre Freunde feiern mit einem gemeinsamen Essen, bevor sie alle über die Feiertagen zu ihren Familien fahren. Trotzdem hat Thanksgiving für sie nicht so einen hohen Stellenwert wie Ostern oder Weihnachten: „ Ich empfinde an Thanksgiving immer einen hohen Druck. Der Tag muss besonders sein, und viel Essen muss vorbereitet werden. Deswegen mag ich ihn nicht so sehr wie Weihnachten oder Ostern, obwohl ich es schätze, Zeit mit meiner Familie zu verbringen.“ Für Megan Heller ist dieser Tag jedoch sehr besonders und wichtiger als Weihnachten. „Ich empfinde Thanksgiving als wichtigsten Feiertag, aber am wichtigsten ist es, an allen Feiertagen Zeit mit den Lieben zu verbringen“, so Heller. Nicht alle Amerikaner feiern also so, wie es in amerikanischen Filmen und Serien dargestellt wird. Jeder verbringt ihn so, wie es für ihn am besten ist - aber in Gesellschaft mit der Familie. 

Von Michèle Loos
Veröffentlicht am 20.11.2017