Selbstversuch

Vier Tage fasten wie in Saudi-Arabien

Orientalischer Tee. Foto: Pixabay

HAGEN. Seit dem 16. Mai fasten die Muslime wieder auf der ganzen Welt. Dabei darf man den ganzen Tag, von morgens bis abends, nichts essen und nichts trinken. Und das einen Monat lang. Es sind in Deutschland sommerliche Temperaturen bis zu 30 Grad. Ist das wirklich zu schaffen? Ich wage den Versuch.

Normalerweise ist das Fasten in Deutschland gar nicht so schwer für mich. Nur ist es in diesem Jahr so, dass seit Wochen die Temperaturen bei über 20 Grad liegen. Nicht die Wärme, sondern die feuchte Luft macht zu schaffen. Trotzdem habe ich mir vorgenommen, es wenigstens zu probieren, um ein Gefühl zu bekommen, wie es beispielsweise in wärmeren Ländern wie Saudi-Arabien ist. Dabei darf ich von vier Uhr nachts bis halb zehn abends nichts Essen und nichts Trinken. Insgesamt sind es also 17,5 Stunden, die ich durchhalten muss.

Als erstes will ich mich bei einem Experten informieren, um Risiken vorzubeugen. Dafür gibt mir Dr. Issam Hammad sehr hilfreiche und wichtige Tipps. Er ist seit Jahren Arzt in Hagen und hat sich auf Gesundheit und den Körper spezialisiert. „Es ist sehr wichtig, dass du in der Zeit wo du Essen und Trinken darfst, sehr viel Wasser zu dir nimmst. Empfehlen würde ich dir drei Liter.“ Natürlich gibt er mir auch Tipps für das Essen: „Dazu kann ich nichts Genaues sagen, weil der Mensch sehr individuell ist. Auf jeden Fall sollte man so essen, dass man das Gefühl hat, als wäre man satt. Das aller wichtigste ist jedoch, dass du abgelenkt sein solltest wie zum Beispiel durch die Schule, Arbeit oder deine Hobbys.“ 

Der erste Tag 

Nun habe ich die Tipps und möchte bis Samstag versuchen zu fasten. Es ist Mittwoch drei Uhr nachts und ich darf noch bis vier Uhr essen. Ich habe bis jetzt schon genug Wasser getrunken und habe mir Nudeln gemacht. Jetzt kann es endlich losgehen. Am ersten Tag wach ich schon sehr früh auf und weiß, dass es nichts werden kann. Es fühlt sich schon direkt so an, als würde ich den Tag gar nicht durchhalten können. Mal schauen, ob dieses Gefühl weggehen wird. Auf dem Plan stehen Universität, Radio und am Ende Basketball-Training. 

Zuerst kämpfe ich mich durch den Uni-Alltag. Es ist 12 Uhr und ich muss ehrlich zugeben, dass alles super läuft. Auch als die Studenten anfangen zu essen, ändert sich nichts. Später gegen 15 Uhr merke ich aber, wie die Wärme langsam bei mir ankommt. Das einzige Problem bis jetzt ist, dass ich sehr viel schwitze und dadurch auch irgendwie Durst bekomme. Trotzdem ist es noch auszuhalten. Nach der Universität gehe ich zu einem Interview-Termin. Das lustige dabei ist, dass es eine Gastronomie ist. Dort angekommen sehe ich die ganzen Menschen, die auf der Terrasse Bier trinken. Durst habe ich zwar nicht, aber mein Kopf sagt mir automatisch, dass ich auch trinken möchte.

Gegen 19 Uhr bin ich bei dem Basketball-Training und kann ganz normal trainieren. Was mich stört ist die schlechte Luft, die in der Halle ist. Das Ungewöhnliche war, dass ich trotz des starken Schwitzen gar keinen Durst hatte. Es kann auch daran liegen, dass sich mein Körper betäubt anfühlt. Das Training ist vorbei und ich gehe ganz schnell unter die Dusche. Es ist nun 21:30 und ich bin am Esstisch und darf endlich anfangen zu essen. Ich muss Rückblickend auf den heutigen Tag sagen, dass obwohl ich heute morgen ein schlechtes Gefühl hatte, es trotzdem sehr einfach für mich war. Das einzige Problem, war die feuchte Luft. 

Gleiches Essen, aber schlimmerer Tag

Da der Mittwoch für mich gut lief, habe ich mich dafür entschlossen die nächsten Tage nochmal das Gleiche zu essen. Drei Liter Wasser und Nudeln. Ich bin mir sicher, dass es wieder gut funktionieren wird, aber als ich morgens aufgewacht bin, habe ich direkt meinen schwachen Körper gespürt. Ich fühle mich sehr schlapp. Das Unglückliche war natürlich, dass obwohl ich das gleiche gegessen hatte, der Tag jedoch ein anderer ist. Denn heute ist Feiertag und ich habe den ganzen Tag nichts zu tun. Es ist schon zwölf Uhr mittags und ich fühle mich körperlich sehr schlecht und möchte nicht raus gehen, weil das Wetter auch sehr heiß ist. Ich versuche irgendwie Zeit zu vertreiben und spiele Playstation. Bringt jedoch alles nichts, weil mein Körper am zittern ist und mein Bauch irgendwie die ganze Zeit krampft. Letztendlich entscheide ich mich dazu einfach zu schlafen, weil es anders nicht geht. Also lege ich mich ins Bett und schlafe einfach bis abends Viertel nach Neun.

Als ich aufstehe fühle ich mich so, als hätte mich ein Elefant weggeschlagen. Zum Glück ist jetzt um halb neun Fastenbrechen. Ich kann mich irgendwie nicht so richtig freuen, weil ich mich krank fühle. Trotzdem nehme ich mir etwas zu essen mit und trinke auch etwas. Ich muss auch ehrlich zu geben, dass der Durst dich schneller packt, als der Hunger. Nachdem Essen gehe ich wieder direkt in das Bett um mich zu erholen. 

Die anderen Tage laufen genauso ab. Nur ist diesmal der Unterschied, dass ich ein bisschen mehr Wasser und auch Milch trinke. Trotzdem verläuft es bis Samstag wieder wie am Donnerstag. Die Milch hat mir auch nicht viel gebracht. Ich stehe auf, mir ist gegen zwölf Uhr mittags schlecht und schlafe fast den ganzen Tag, bis wir wieder mit der Familie essen dürfen. Ich muss ehrlich zu geben, dass die letzten drei Tage mich fertig gemacht haben. Das was mich jedoch wundert ist, dass es in der Vergangenheit mit dem Fasten wirklich problemlos war. Ich glaube die feuchte Luft hat mir wirklich das restliche gegeben, denn dadurch fühlte sich mein Körper doppelt so schwach an. Um 21:34 Uhr am Samstag Abend beschließe ich mich das letzte Mal als Fastender mit dem Essen anzufangen. Es ist mir einfach körperlich viel zu anstrengend. 

Doch nicht so leicht wie gedacht 

Rückblickend denke ich, dass obwohl ich nachts immer das selbe gegessen habe, trotzdem nicht alle Tage gleich für mich liefen. Aus der Vergangenheit weiß ich, dass ich normalerweise nie Probleme hatte mit dem Fasten. Es gab sogar Fastenmonate, wo man erst ab 22 Uhr essen durfte. Der ausschlagende Punkt war jedoch, dass heiße Wetter, aber auch die freie Zeit ab Donnerstag.

Die Tipps von Dr. Hammad funktionierten am ersten Tag super, nur war es in den letzten Tagen genau das Gegenteil. Ich habe nochmal mit ihm darüber gesprochen, warum das so unterschiedlich sein kann. „Du musst bedenken, dass du am ersten Tag des Fastens noch die Reserven von dem vorherigen tag hattest. Damit meine ich den Fett, Vitamine und Wasser, den du den ganzen Tag über zu dir genommen hast. Am zweiten Tag hast du diese Reserven nicht mehr, weil du nur abends bis nachts deine Nahrung zu dir nehmen konntest und deshalb hattest du sozusagen ein Defizit an Stärke in deinem Körper.“ Dr. Hammad weist natürlich auch auf das Wetter hin: „Viele sind in Deutschland nicht daran gewöhnt mit den ständig wechselten Temperaturen umzugehen. So kann der Körper auch nicht so einfach mithalten. In Ländern wie Saudi-Arabien ist es so, dass es dort ständig warm ist und die sich daran gewöhnt haben.“ 

Nun verstehe ich auch wenigstens, warum es mir die letzten Tage nicht so gut ging. Durch die Erfahrungen der letzten vier Tage und die nachträgliche Erklärung von Dr. Hammad wird es hoffentlich im nächsten Jahr besser gehen. Denn ich habe mich dazu entschieden dieses Jahr nicht durch zu fasten, weil mein Körper nicht mit der Kombination Hitze und Fasten klarkommt.

Von Cavit Bican
Veröffentlicht am 07.06.2018